Samstag, 23. Februar 2013

22. 2. 2013 - hoher Besuch



Heute Abend hat die Maroua Station die Kirchenältesten aus Nordkamerun nach deren Generalsitzung zum Essen eingeladen. Der "oberste Kirchenrat Nordkameruns", das sind die Kirchenchefs und somit auch irgendwie unsere Chefs. Denn obwohl wir nicht von ihnen bezahlt werden, arbeiten wir bei ihnen und für sie, sind ihnen unterstellt und sie bürgen für unsere Visa.
 Bei der Vorbereitung hat sich jeder seinen Gaben entsprechend eingebracht: Rahel hat ihren spezial Schoko-Cocoskuchen gebacken, Lisa ihre ersteigerte Ziege bis zum einheimischen Kochtopf begleitet, Hanna hat im Voraus maßgeblich die Organisationsfäden in Händen gehalten und mit mir zusammen den Raum hergerichtet. Ich habe Blümchen gepflückt und die Becher in gelb-blau-gelb-blau-gelb-blaue Stapel sortiert. Gerade bin ich dabei eine Papaya aufzuschneiden und mittelmäßig kunstvoll auf einem Tablett zu drapieren.  Es ist 2 vor 6. "Hanna, wann kommen die nochmal?" - "Das Treffen ist auf halb 7 angesetzt". Hm, denke ich. Das hat sie schön formuliert. Auf halb 7 angesetzt. Aber wir sind in Afrika -weiß ja jeder, dass man da nicht vor einer halben Stunde Verspätung mit den Gästen rechnen muss. Die kommen also wahrscheinlich so um 7. Ich überschlage kurz im Kopf:
- Papaya fertig schneiden  ->5 Minuten
-Kurz fertig aufräumen ->5 Minuten
- Heimgehen ->noch 20 Minuten Zeit zum Duschen und fertig machen. Das ist bei bereits erwähntem kalten Wasser nicht unrealistisch. Dann ist halb und ich hab noch immer 'ne halbe Stunde Zeit.
Wie erwartet kamen sie nicht um halb 7. Aber sie kamen auch nicht um 7.
Sie kamen um Punkt 6.
Just, als ich der zweiten Papaya zur Pelle rücken wollte.
Ich renne heim, werfe mich in mein neues Kleid und ein Kopftuch über. Es sitzt schief. Aber sind ja nur Männer da, ich nehme nicht an, dass einer von denen meine hübschen Blumensträusschen bemerken wird, also gilt das gleiche für mein Kopftuch. Aber ich weiß genau, dass letzterem nicht so ist. Mist. Ich klappe das Ganze noch einmal auseinander und setze von neuem an. An der Stelle fällt mir auch auf, dass ich eigentlich keinen genauen Plan hab, wer da heute Abend kommt. Ich bin bestimmt wieder die einzige, die die Namen nicht weiß. Hätt ich mich mal besser im Voraus drum gekümmert. "Kindern und neuen Ausländern verzeihen sie alles", hat man mich am Anfang oft ermutigt. Ich frage mich, ob ich nach 4 Monaten hier noch unter "neu" laufe.
Ich renne zurück und setzte mich zu den anderen.
Es gibt eine 0,5 Cola oder Fanta für jeden (festtrinken. eine 0,5 Cola kostet 1000CFA.), sonst Hahnenwasser und ein echt gutes Menü: 7 Enten und die Geiß mussten dran glauben. Die Enten wurden grob zerstückelt und frittiert, die Ziege ist in der Soße nicht mehr klar zu identifizieren- obwohl  es offenbar lediglich ihr Fell nicht bis in den Kochtopf geschafft hat. (Ihr ungeborenes Babyzicklein wurde sogar einfach in einem Stück gekocht.)
Mit mehr Begeisterung wende ich mich den Kochbananen und Iiamstücken zu und schnappe mir ein frittiertes Hühnerbein.
Für ca. 20 Personen ist der räumliche Geräuschpegel peinlich niedrig. Während dem Essen bemühe ich mich um ein Gespräch mit meinem Tischnachbar, bis der mir erklärt, dass man in seiner Stammeskultur beim Essen nicht spricht, sondern erst, wenn alle fertig gegessen haben. Upps. Spontan entschließe ich, mich davon nicht entmutigen zu lassen und erzähle ihm stattdessen, dass es bei uns genau andersrum ist: Dass man die Leute zum Essen einlädt, wenn man ihnen etwas Wichtiges zu sagen hat. Und plötzlich ist die Situation viel entspannter. Ich treffe auf freundliche, ausgesprochen offene Männer mit beeindruckenden Geschichten.
Wir schauen Bilder von Hannas Sommerurlaub in Ephesus an, singen ein bisschen und mampfen besagten Schokokuchen. Dann kommt der offizielle Abschluss und wie so üblich springen alle auf und sind 'ne Minute später weg.
Das finde ich echt schade, ich hätte mich so gerne noch ein bisschen mit denen unterhalten.
Das war ein echt cooler Abend. 


Foto: Vreni

Foto: Vreni

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