Montag, 19. November 2012

11. 11. 2012 -Nachtgedanken



Ohropackgedämpftes Schnarchen. Ich mache die Augen auf. Alles dunkel. Ich hab ausgeschlafen. Leise taste ich nach meinem Handy. 0:54 Uhr. Das ist ein Witz. Es kann nicht ernsthaft erst kurz vor 1 sein!! Ein zweiter Blick- 00:55 Uhr. Oh Mann. Wir sind tatsächlich erst vor 2 Stunden ins Bett?! 

Da liege ich nun, mit 7 anderen Frauen in einer  9m² Hütte in der jeder cm³ Luft schon fünf Mal geatmet wurde, und überlege mir, warum die Afrikaner einfach anders riechen, als die Europäer
und  wie ich mich am geschicktesten hinlege, damit ich nicht den Abschuss runter auf Lisa rolle.
Eine viertel Stunde lang hoffe ich inständig, dass sie aufwacht und wir uns zusammen mit unseren zu warmen Schlafsäcken nach draußen unter den herrlichen Sternenhimmel legen, aber nix war's.
Schicksalsergeben schlucke ich eine Ladung veratmeter Luft und kuschel mich tiefer auf die harte Matte und hoffe, dass der Morgen schnell kommt. 

Was er dann überraschenderweise auch  tut, denn als ich das nächste Mal aufwache, ist kurz vor fünf und die afrikanische Welt erwacht zum Leben.
Zusammen mit 10-15 Leuten aus unserer Gemeinde sind wir über's Wochenende auf einem Evangelisationstrip im Busch. Busch vermittelt vielleicht eine falsche Vorstellung, Steppenpampa trifft's besser.
Was für uns eine Begegnung mit dem "typischen" Afrika war, war für unsere Mitfahrer keine Besonderheit, denn solche Evangelisationskampagnen sind hier nicht ungewöhnlich. Samstagmittag um 13 Uhr (....also tatsächlich dann um halb vier) sind wir losgefahren,  Ziel: Malam, bzw. klein Malam, ein Vorort von Malam. (Für eine genauere Lage ist GoogleMaps zu Rate zu ziehen). Klein Maltam besteht aus genau 7 Lehmhüttenhäusern inklusive Lehmkirche mit Lehmbänken und einem sagenhaften Loch-im-Boden-Klo.  Strom und Wasser gibt's nicht, dafür aber gastfreundliche, sehr herzliche Frauen, die uns zu Mittagessen Boul mit Gombosoße, zu Abendessen mit Boul mit Fischsoße und zum Frühstück mit flüssiger Boul mit Reis verköstigen. Hört sich ironisch an, war aber echt lecker! ...Okey- um die Fische in der Soße hab ich mich ein bisschen drum herum geschummelt. Zu meinem großen Glück wird ja zusammen aus einem Topf gegessen, da fällt es nicht so auf, wenn man die Fischstückchen seinem Nebenmann zuschiebt. NebenMANN? -Ja, wir durften mit den Männern essen. Normalerweise essen die Frauen mit Kindern für sich und die Männer unter sich und außerdem unter einem großen Baum im Schatten.
Abgesehen vom Essen sind wir aber mehr bei den Frauen. Wir gucken wie sie kochen und werfen ihnen unsere fünf Sätze Fulfuldé vor die Füße. Es ist cool, dass man trotzdem sagen kann, dass wir uns echt gut mit ihnen verstanden haben !
Am Abend, als es dunkel wurde, haben wir Leinwand und Beamer aufgebaut und den Jesusfilm auf Fulfuldé gezeigt. Obwohl in unmittelbarer Nähe wirklich nur die paar Hütten stehen und von der Kirchengröße her, auf ca. 50 regelmäßige Gottesdienstbesucher zu schließen ist,  waren über 400 Leute da, die den Film angeschaut haben. Am Ende des Films gibt's dann noch eine Verkündigung, Gebet  und das Angebot mit einem Mitarbeiter zu reden und es wird zum Gottesdienst am nächsten Tag eingeladen. Oft sind da aber ein Teil der Menschen schon wieder verschwunden, denn die breite Masse sind [Papier]muslime, und wenn sie auch Interesse an Jesus oder an einem Film oder am Jesusfilm haben, wollen sie doch nicht dabei gesehen werden.
 Insgesamt haben an diesem Abend 4 Menschen erkannt, was es bedeutet, dass Jesus für uns ans Kreuz gegangen ist, für viele war der Film und unser Besuch einfach eine Ermutigung und Bestätigung und was es in den vielen restlichen Filmzuschauern bewirkt hat, bleibt wohl noch eine ganze Weile offen.
Gleich morgens nach dem Frühstück sind wir in kleinen Grüppchen zu den verstreuten Hütten in der Umgebung gelaufen, und haben mit den Leuten gesprochen.
Bei den Gesprächen haben wir weniger durch große Fulfuldéworte, als hauptsächlich durch Nasaaraanwesenheit geglänzt. Auch im Gottesdienst hab ich eigentlich... öhm.. nix verstanden.
Nach dem Gottesdienst haben die Männer Fulfuldébibeln verkauft, und Lisa, drei andere Mädels aus unserer Gemeinde und ich mit einer Horde Kinder (so viele können gar nicht zu diesen 7 Hütten gehören!) verschiedene Kreisspiele gespielt; Katz und Maus, der Fuchs geht rum, ein paar einheimische Spiele...
Wahnsinnig aufgedreht der vielen neuen Eindrücke wegen und ein bisschen erschlagen von der Tatsache, dass wir aufgrund unserer Hautfarbe nicht nur angestarrt wurden, sondern, vor allem für die Kinder, die Attraktion schlechthin waren, sind wir dann am Nachmittag zurück nach Hause gehoppelt. 



Unsere Hütte :)

Ein Blick ins Innere: die drei grünen Streifen von links waren mein Platz.




Das Klo unterm Kochtopfdeckel.

Warum auch immer sie das Loch genau so hingegraben haben, dass man es kerzengrade durch die Türöffnung sieht.





    




Im Gottesdienst sitzen die Frauen links und die Männer rechts. In größeren Kirchen wird auch noch in verheiratet und unverheiratet unterteilt und die verschiedenen Jugendgruppen und deren Aufgabe im Gottesdienst spielen auch mit rein.


Die Kleine war besonders süß. Und  hat Lisas Hand standhaft gegen die anderen kinder verteidigt.







4 Kommentare:

  1. Hi Elenatomato,
    Hübscher blog, schön dass es dir gefällt, mach' fleißig weiter so, ist interessant..

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  2. Hi E!
    Doch - sehhhhr interessant. Die Menschen sehen hübsch aus, die Gewänder (Kleider) finde ich cool.
    Aber - entschuldige - ich frage mich beim Lesen diesen sehr hübschen Blogs, mit welchem Recht wir Europäer unsere Kultur nach Afrika transportieren. So viel Bibelkram würde mich mächtig ankeksen.
    Verkaufen wir den Afrikanern da nicht unsere Religion, gaukeln ihnen eine "bessere - weil wohlhabendere" Welt vor und nutzen deren Naivität um sie in moralische - und dann wirtschaftliche Abhängigkeit zu bringen?
    .... Fragen über Fragen...

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    1. Hey Udo!
      Also Kultur ≠ Religion. Wenn ich den Leuten hier unsere Kultur bringen wollte dann würde ich als aller erstes das Kopftuch und die langen Wickelröcke aus- und meine geliebte Jeans anziehen. Christentum ist definitiv nicht unsere westliche Kultur!
      Auch sonst ist das Christentum nicht von unserer Westlichen Kultur geprägt, sondern andersrum. Wollte man dem christlichen Glauben eine Kultur zuweisen, dann wäre es wohl die der Menschen in der Bibel. Die lebten 1. nicht in Europa sondern in Israel und waren 2. Juden. Würde Religion von Kultur abhängig sein, dann müssten alle Christen erst mal zum Judentum konvertieren.
      Darüber hinaus leben die Menschen hier so viel näher an der biblischen Kultur, als wir in Europa!! Wir in Europa versuchen in jedem Gottesdienst krampfhaft Brücken in unsere modernisierte Welt zu schlagen, die hier können das 1:1 verstehen..darüber werd ich mal n extra Absatz schreiben..

      Mit welchem Recht ein Christ von seinem Glauben spricht bleibt wohl Überzeugungssache, zur Art der Verkündigung: Meine Organisation bezeichnet ihre Arbeit selbst als christliche Entwicklungshilfe.
      Es gibt Evangelisationskampagnen mit dem Ziel klarer Verkündigung. Schwierig dabei ist, du hast vollkommen Recht, die Leute nicht mit dem von uns ausgehenden Reichtum anzulocken und Reischristentum (von Reis) anzufüttern. Um dem entgegen zu wirken wird die Gemeinde hier komplett von Einheimischen geleitet. Ziel meiner Organisation ist es nicht möglichst viele Leute davon zu überzeugen, dass es einen Gott gibt und sie mit diesem Wissen dann in der Luft hängen zu lassen. Der Schwerpunkt liegt auf Vertiefungsarbeit und praktizierendem Christsein (->Dispensaire) Es werden Glaubenskurse, Kinderclubs, Jugendleiterkurse, Andachten im Dispensaire angeboten. Wir gehen Leute besuchen, kochen und leben mit ihnen, werden ihre Freunde und sehen, dass sie eine Talisman umhängen haben. Und an der Stelle sag ich dann, warum ich keinen brauche. (über Animismus sollt ich also auch noch was schreiben. ;) )
      Von wirtschaft hab ich leider keine Ahnung, dazu kann ich nix sagen- Ich glaub die Chinesen sind hier grade ganz gewaltig dran Straßen zu bauen und Rohstoffe mitzunehmen..
      Freu mich schon auf nächstes Weihnachten mit euch :)
      Ps; ich hab mich übrigens sogar über deine kritischen Kommentare gefreut ;)

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  3. Hallo Udo, ich wir kennen uns zwar nicht, aber ich muss sagen...

    Starker Kommentar!

    Grüße

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